Wann sich mit der Drizzle-Technik mehr Auflösung herausholen lässt
Rieselnd zu höher aufgelösten Bildern
Dieses Problem betrifft auch Hubble: Wie es zu Undersampling kommt und welche Software bei der Lösung des Problems hilft.
Verwendet man einen großformatigen Sensor zur Abbildung eines großen Himmelsbereichs, kommt es eventuell zu einem Undersampling – ein Problem, das auch das Weltraumteleskop Hubble betrifft. Abhilfe könnte ein cleveres Verfahren schaffen: die Drizzle-Technik.
Die Detailauflösung einer Aufnahme wird neben den Beobachtungsbedingungen durch zwei Faktoren auf der Instrumentenseite bestimmt: dem Auflösungsvermögen des Teleskops und der Feinheit des Pixelrasters der Kamera. Nicht jede Kamera-Teleskop-Kombination schöpft das Auflösungsvermögen der Optik voll aus. Wenn beispielsweise ein großformatiger Sensor mit relativ großen Pixeln für die Abbildung eines möglichst großen Himmelsgebietes gewählt wird, liegt ein Undersampling vor. Auch das Hubble-Teleskop befindet sich mit der "Widefield Planetary Camera" in dieser Situation, weshalb ein Algorithmus entwickelt wurde, um etwas vom verlorenen Auflösungsvermögen zu retten: die Drizzle-Technik.
Die grundlegende Idee hinter der von A. Fruchter und R. Hook entwickelten Drizzle-Technik ist die Verwendung mehrerer Aufnahmen, bei denen das eigentlich zu grobe Pixelraster von Bild zu Bild leicht gegenüber dem Objekt verschoben wird. Der Versatz erlaubt ein Abtasten des Objekts im Subpixelbereich.
Dafür werden die Pixel aller Bilder verkleinert und auf ein feineres Pixelraster projiziert. Entsprechend des Überlapps der beiden Pixelraster "rieseln" (engl. drizzle) die Helligkeitswerte auf das neue Raster und werden verteilt. Die Helligkeitswerte aller Bilder einer Aufnahmeserie werden nach der Neurasterung für jedes Pixel gemittelt. Bei angemessen kleiner Wahl des Drizzle-Faktors entsteht bei der Überlagerung vieler Aufnahmen eine gleichmäßige Darstellung mit feinerem Sampling.
Dithering und viele Bilder
Der für das Drizzle-Verfahren benötigte leichte Versatz zwischen den Einzelbildern einer Aufnahmeserie lässt sich durch Dithering erzeugen. Dabei wird automatisch nach jeder Aufnahme die Position des Teleskops zufällig um wenige Pixel verstellt. Dithering wird ohnehin meistens angewandt, um Störpixel mit einem geeigneten Stacking-Verfahren zu eliminieren. Dies lässt sich beispielsweise über den Autoguider realisieren, der nach jeder Aufnahme auf eine um wenige Pixel verschiedene Position nachführt. Jede gängige Autoguiding-Software bietet diese Option.
Außerdem werden möglichst viele Aufnahmen benötigt, um die verlorenen Informationen zu rekonstruieren. Nur dann können die bei der Neuverteilung der Helligkeitswerte entstehenden Lücken gefüllt werden.
Grenzen des Verfahrens
Natürlich hat die Drizzle-Technik auch Grenzen. Der Drizzle-Faktor ist nicht beliebig, denn Sampling kann nicht beliebig stark erhöht werden. Die notwendige Anzahl der für eine gleichmäßige Darstellung benötigten Bilder würde sehr groß und praktisch kaum zu realisieren. Zu empfehlen ist in der Regel ein Faktor um 2. Außerdem limitieren das Auflösungsvermögen des Teleskops und das Seeing die Technik. Bei dem in Deutschland typischen Seeing dürfte die Drizzle-Technik für lange Belichtungszeiten bei einem Sampling von etwa 1,5"/Pixel oder feiner selten gewinnbringend sein. Das Verfahren ist vor allem bei Undersampling-Situationen interessant, wie Übersichtsaufnahmen von Mond und Sonne, sowie im Deep-Sky-Bereich bei eher kurzen Brennweiten. Anzumerken ist noch, dass die Drizzle-Technik nicht mit Stacking-Verfahren wie Median-Stacking oder Sigma-Stacking kombinierbar ist. Denn die Pixel des feineren Rasters werden nur abwechselnd mit Inhalt bedient, was dem Auftreten eines Störpixels gleicht, die bei diesen Stacking-Verfahren aussortiert werden.
Software
Leider bieten nur einige Stacking-Programme eine Drizzle-Option oder einen ähnlichen Algorithmus an. Für Videos von Objekten des Sonnensystems findet man die Funktion z. B. in den Programmen AutoStakkert!, RegiStax. Bei Deep-Sky-Bildern bieten sich auch Fitswork und DeepSky-Stacker an. Diese Programme sind alle kostenfrei im Internet verfügbar.
Fazit
Drizzle bietet die Möglichkeit, das Auflösungsvermögen eines Teleskops bei gegebenem Undersampling besser zu nutzen und die Definition der Sternprofile zu verbessern. Dadurch ergeben sich Vorteile bezüglich der Detailwiedergabe. Das Verfahren funktioniert, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: Die Kamera-Teleskop-Kombination befindet sich im Undersampling-Bereich, man verfügt über möglichst viele Einzelbilder und es gibt einen Versatz zwischen den Einzelbildern (Dithering).
Autor: Mario Weigand / Lizenz: Oculum-Verlag GmbH